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Dienstag, 29. Juli 2014

Fair Fashion – Wir tragen die Armut der Näherinnen Osteuropas auf unserem Leib

„Keiner ist gerecht, nicht einer“ (Römer 3,10). Paulus könnte diese Worte auch an die heutigen Modefirmen richten.

Die entwicklungspolitische Organisation „Erklärung von Bern“ und „Clean Clothes Campaign“ haben die Situation von Arbeiterinnen in Kleiderfabriken Osteuropas untersucht und sind zu einem vernichtenden Urteil gekommen. Nicht einmal die nachhaltigsten Modelabels setzen sich genügend für den Existenzlohn von Näherinnen in den Produktionsländern ein.

Näherinnen in Osteuropa sind gar schlechter gestellt als Näherinnen in Asien. Ihr Mindestlohn beträgt in Bulgarien oder Mazedonien 14% eines Existenzlohns. In der Slowakei sind es 21% und in Rumänien 19%. Am besten verdienen Näherinnen in Kroatien, (36% des Existenzlohns). Hinzu kommt: Lohndiebstal und Arbeitsrechtsverletzungen sind in vielen Betrieben Osteuropas an der Tagesordnung.

Aus methodistischer Sicht besonders interessant an der Existenzlohn-Kampagne der Erklärung von Bern ist, dass die Evangelisch-methodistische Kirche in 5 der 10 untersuchten osteuropäischen Länder aktiv ist.

Die von der Erklärung von Bern bereitgestellten Länderberichte zeichnen eindrückliche Bilder aus dem Tiefstlohnsegment der jeweiligen Wirtschaft.
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So waren 2012 in Mazedonien 37‘217 Menschen in der Bekleidungsindustrie tätig, das sind 7,75% der Beschäftigten. Verdienen kann eine Textilarbeiterin mit dem dort erwirtschafteten Lohn aber nur gerade 25% von dem, was sie für das Leben einer kleinen Familie braucht. Zwei Zitate zeigen das Dilemma zwischen prekärer Arbeit, und der Realität, davon nicht leben zu können, eindrücklich auf: „Ich bete, dass ich am Leben und gesund bleibe, um immer arbeiten zu können. Wie soll ich sonst meinen Lohn bekommen?“ sagte eine Näherin. Und eine andere: „Ihr wundert euch, wie wir überleben, aber sagt mir, was ich sonst tun soll. Ohne diesen Job wird es noch schlimmer. Wenigstens werden wir jeden Monat bezahlt.“
Mehr zu diesen Länder-Factsheets unter http://www.evb.ch/themen-hintergruende/konsum/mode/existenzlohn/fair-fashion-2014-hintergrund-materialien/.

Ziel der Existenzlohn-Kampagne ist es, dass in einem ersten Schritt die Löhne der Textilarbeiterinnen auf 60% des nationalen Durchschnittslohns angehoben werden. Dafür sollen sich die Auftragsfirmen einsetzen, also die Kleiderlabels. Doch wirklich viel geschehen ist bisher nicht. Das zeigt der „Fair Fashion?“-Guide (http://www.evb.ch/shop/product/firmencheck_2014_fair_fashion) der Erklärung von Bern. Auch als App für iPhone und Android ist er erhältlich.

KonsumentInnen können zurzeit keine zu fairen Löhnen produzierte Kleider kaufen. Aber KonsumentInnen können mehr tun, als einfach abwarten. Die Erklärung von Bern gibt einige Tipps. Und sie schlägt vor, dass die Kunden von ihren Kleiderläden „die ganze Rechnung“ verlangen sollen.  Das ist keine grosse Sache. Gebraucht wird dazu nur der Kassenzettel des letzten Einkaufs und eine kleine Vorlage, die man unter http://emk-kircheundgesellschaft.ch herunter laden kann.

Als Methodisten setzen wir uns schon seit über 100 Jahren für Gerechtigkeit in der Arbeitswelt ein. In den Sozialen Grundsätzen heisst es unter „Paragraph 163 C: Arbeit und Freizeit“: „Jede Person hat das Recht auf Arbeit zu einem existenzsichernden Lohn.“ Genau darum geht es. Und unter "Paragraph 163 E: Armut" steht: „Da niedrige Löhne oft eine Ursache der Armut sind, sollten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihren Arbeitskräften einen Lohn zahlen, der diese nicht von staatlicher Unterstützung wie zum Beispiel Vergünstigungen für Lebensmittel oder Sozialhilfe zur Sicherung ihres Lebensunterhalts abhängig macht.“

Es ist Zeit, dass wir nicht mehr die Armut der Näherinnen Osteuropas auf unserem Leib tragen, sondern zu fairen Löhnen produzierte Kleider.





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